Ei, Huhn oder Güggel

Was war zuerst da, das Huhn oder das Ei? Da dieses Problem bis heute nicht abschliessend gelöst ist, obwohl sich ganze Heerscharen von Philosophen, Theologen, Naturwissenschaftlern und in der Saure-Gurken-Zeit auch viele Journalisten aus aller Herren Ländern damit befasst haben, blieb meinem Gwunderi nichts anderes übrig, als sich seine eigene Theorie dazu einfallen zu lassen.

Wenn sonst nichts zu tun war, gingen die Knaben manchmal die nahe gelegene Hühnerfarm besuchen. Sie knabberten auf den verschiedenen Körnern aus dem Hühnerfutter herum und sahen und hörten dem Gepicke und Gegacker der Hühner zu. Mit gebührendem Respekt bewunderten sie den prächtigen Güggel, der offensichtlich der Chef im Hühnerstall war.

Einmal kam dem jungen Gwunderi dabei die Frage in den Sinn, die man dem Lehrer, dem Pfarrer, dem Vater oder wem auch immer stellen konnte, wenn man sie in Verlegenheit bringen wollte. Er hatte darauf sehr unterschiedliche Antworten bekommen wie zum Beispiel: „Frag nicht so was blödes!“ oder „Das Huhn natürlich, da es das Ei erst legen muss.“ oder „Das Ei, weil das Huhn aus dem Ei kommt.“ Er wollte der Sache nun auf den Grund gehen und fand etwas ausführlichere Antworten in der verfügbaren Literatur.

In einem Lexikon:
„Bis weit ins 19. Jahrhundert hinein galt in der christlichen Welt die Schöpfungsgeschichte im 1. Buch Mose als weithin akzeptiertes Modell der Entstehung des Lebens auf der Erde. Für die christlichen Kirchen und die meisten Menschen hatte Gott alle Arten von Tieren geschaffen und damit auch die Henne. Nach der Begattung durch den ersten Hahn legte die Henne das erste Ei, aus dem dann der erste Nachwuchs in Form von Hühnerküken schlüpfte. Mit derselben Begründung wurde auch argumentiert, dass Adam und Eva wohl keinen Bauchnabel hatten.“

In der Zeitung:
„Henne-Ei-Problem nach Jahrhunderten gelöst. Forscher sicher: Das Huhn war vor dem Ei da! Britische Forscher kamen dem Rätsel auf die Spur. Entscheidend für die Schalenbildung ist das Protein Ovocledidin-17 (OC-17). Dieses Eiweiß wird in den Eierstöcken der Henne produziert. Es macht die Schale hart und widerstandsfähig. Darum sind die Wissenschaftler nun überzeugt: Es muss zuerst das Huhn gegeben haben. Denn ohne Henne kein OC-17, damit auch keine Schale – also kein Ei.“

In einem Heftli:
„Natürlich war zuerst das Ei da! Evolutionsforscher haben diese Frage längst geklärt. Hühner gehören zu den Vögeln – und die gibt es auf der Erde erst seit rund 150 Millionen Jahren. Eier sind aber unter anderem auch schon von Riesenlibellen vor 300 Millionen Jahren gelegt worden.“

Und dann kam aus dem Libellenei plötzlich ein Huhn mit Bauchnabel heraus? Das war alles nicht überzeugend und da der kleine Gwunderi ein kluger Kerl war, zerlegte er das Problem in seine Einzelteile und fand dabei folgendes:

Das Huhn? Nein! Es könnte auch ein Güggel gewesen sein. Der hätte aber kein Ei legen können. Ende der Geschichte.
Das Ei? Nein! Es hätte auch ein Güggel herauskommen können. Dann wär’s wieder aus gewesen.
Zuerst? Nein! Der Güggel war vielleicht schon da als die Zeit angefangen hatte und weil er so schön krähte, machte der Gott noch ein Huhn für ihn, damit er es bespringen konnte. Für’s Huhn war das glatt zum Eierlegen.

Und so kam er zum praktischen Schluss, dass es erstens so etwas wie einen Gott oder Erschaffer geben musste, der mehr konnte, als die Menschen und zweitens der Güggel das entscheidende Element am ganzen Puzzle war und freute sich ungemein, dass er ein Güggel und kein Huhn war. Und er war ausserdem stolz darauf, dass er das „Henne-Ei-Problem nach Jahrhunderten gelöst“ hatte. Er behielt das Resultat aber für sich und war weiterhin darauf gespannt, was den Erwachsenen zu dem Thema so alles einfiel, wenn er die magische Frage stellte.

Sicher hast auch du deine eigene Lösung zu dieser Frage aller Fragen. Auf deine Antwort bin ich gespannt und bedanke ich mich dafür im voraus herzlich.

8 thoughts on “Ei, Huhn oder Güggel”

  1. Ein wahrhaft philosophisches Thema! Nun, darüber habe ich mir natürlich auch schon Gedanken gemacht und bin zu folgendem vorläufigen Schluss gekommen.
    Damit die Schöpfungsgeschichte aufgeht, musste Gott vor dem Urknall handeln. Fast hätte er sich verschlafen, wäre ihm nicht in den Sinn gekommen, dass er einen Wecker bräuchte, damit ihm das nicht passieren konnte. Kurz entschlossen schuf er deshalb den Hahn, der ihn dann auch zeitig früh morgens weckte. Wie wir alle wissen, schuf er dann als Erstes den Mann, schnitt ihm eine Rippe heraus und der Kerl hatte sein Gespielin. Noch bevor die zwei Unglücklichen den Sündenfall mit dem Apfel begehen konnten, deuchte es den Schöpfer, dass der Hahn, als ebenfalls männliches Wesen, unbedingt einer Gespielin bedurfte und griff nach dem bewährten Trick mit der Rippe. Mit Erfolg: Die Henne war geschaffen und legte gleich ein Ei, denn sie beobachtete Eva, wie sie Adam den Apfel darbot. Sie hoffte, dass die Frucht wurmstichig wäre. Sie irrte nicht. Adam aber war während er den Apfel verschlang, dermassen in Eva verknallt, dass er sie anschaute und den wurmstichigen Apfel ganz aufass. Das Huhn und der Hahn mussten sich mit dem Bütschgi begnügen, was ja immerhin auch etwas hergab.
    Manch einer wird jetzt monieren, dass in meiner Theorie der Wurm stecke. Nun ja, ganz unrecht hat er da wohl nicht …

    1. Nun sehe ich es deutlich vor mir: Der vollbärtige Gott sitzt in Denkerpose unter dem Baum der Erkenntnis. In der Hand hält er den rotbackigen Apfel aus dem sich das Schlänglein windet. Über ihm, von links nach rechts in der Gedankenblase, sieht man den krähenden Hahn, den rotbackigen Apfel und die Henne, die zeitgleich die Schlange pickt und ein Ei legt. So muss es gewesen sein.

  2. Gerade heute habe ich auch wieder einmal meine Hühnergeschichte erzählt: Der ZVV Boss heisst Kagenbauer und der erinnert mich an die erste Familie, die einen so seltsamen Namen hatte. Sie besassen eine Hühnerfarm. Ich als ca. sechsjähriges Bürschlein „musste“ einmal bei allen Familien im Dorf gewesen sein. Interessant waren da die grossen Bauern mit den Pferden und Kühen und erst ganz am Schluss kamen die Kagenbauers mit ihren Hühnern. Wie hat das dort auch immer gestunken! Hühnermist hat ja diesen unverkennbaren scharfen Geruch. Dabei hat mich das „Woher?“ der Hühner wenig bis gar nicht interessiert dafür um so mehr das „Wohin?“. Ich konnte mir nichts besseres vorstellen als ein gebratenes Hühnchen. Das war damals wahrlich ein Luxus, den sich unsere Familie nicht leisten konnte.
    Trotzt dem ungeheurlichen Gestank half ich einmal beim Ausmisten der Hühnerställe, was in meiner Erinnerung mindestens 7 Tage dauerte. Doch dann kam der Lohn: Ich erhielt nicht nur gratis eine Kiste voller Hühnermist, um den meine Mutter gebeten hatte, sondern sogar ein geschlachtetes Hühnchen! War ich da stolz, als ich das meinen Eltern und Schwestern heimbringen konnte.
    Etwas von dieser Liebe hat dann auch nachgewirkt bei meinem „Menu 1“, das ich jahrelang unseren Kinder gekocht habe: Gebratenes Poulet mit Reis und Salat.
    Damit habe ich aufgehört, nachdem ich soviel gehört habe über das traurige Leben von Ei, Henne, Hahn und Poulet. Besser wäre wohl für sie, wenn sie gar nie damit angefangen hätten.
    Aschi

    1. Da hast du wohl recht. Hätte Gott aber die Menschen weggelassen, dann hätten die sich auch keine Gedanken über Hühner und Eier machen können und die Naturkräfte hätten bis in alle Ewigkeit unendlich frei und sorglos mit dem Sternenstaub gespielt.

  3. Heute wurde mir das erste mal klar dass die Frage ‚ob das Huhn oder das Ei zuerst war‘, nicht vollständig ist. Sobald in der Geschichte der Güggel erwähnt wird, wurde es erst richtig kompliziert 😉

  4. Es war das Ei! Ein Importei unbekannter Herkunft. Das daraus geschlüpfte Kücken entwickelte sich prächtig und hühnerte so rum. Vorallem mit dem Güggel, der so rumgockelte, nachdem er nach einer intergalaktischen Reise auf dem Hahnenmoospass in Adelboden weich gelandet war. Dann nahm’s so seinen Lauf in Adelboden …

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