Gemeinstein aufs Köpfchen

Nun wird es Zeit, der Hauptperson meiner Geschichten einen Namen zu geben. Ich nenne ihn ab jetzt den Gwunderi. Du wirst mir sicher zustimmen, dass das für einen viereinhalb Jahre alten Knirps ein treffender Name ist. Ich habe weder vor, chronologisch über seine Abenteuer zu berichten, noch, falls er tatsächlich gelebt haben sollte, ihn bei seinem richtigen Namen zu nennen. Damit du also immer weisst, von wem ich rede, ist er auch mit kleinen Beinchen und Füsschen schon mein Gwunderi.

Er hatte früh beschlossen, den Sachen auf den Grund zu gehen und wie schon gesagt, den Rest der Welt zu entdecken und zu erobern.

Der Rest der Welt bestand zunächst einmal aus dem Dörflein, wo der Kleine und seine Familie wohnten. Es lag in einer Schleife des steinigen Baches, zwischen zwei Brücken mit soliden Geländern. Es bestand aus sechs Wohnhäusern, der Sägerei des Grossvaters und dem Spritzenhaus mit Uhr und Glocke. Ennet der hinteren Brücke stand die Scheune mit Mutters Geissenstall und dem Heustock für den Winter. Jenseits der vorderen Brücke waren die Bretter aus Grossvaters Sägerei sorgfältig zum Trocknen aufgeschichtet. Getrennt durch kleine Stäbe lagen da wieder die ganzen Tannen, einfach mit Luft dazwischen. Mit dem Rolli konnte er die gesägten Baumstämme über das Geleise, das hoch über dem Bach auf einer Holzkonstruktion befestigt war, zum Holzlager transportieren.

Die Naturstrasse, die zwischen den beiden Brücken in einer sanften Kurve mitten durchs Dorf führte, war meist frei von Verkehr. Am Morgen und am Abend die fünf oder sechs Kühe des Nachbars. Am Abend der Peugeot-Pickup des Käsers, der laut hupte, die Milch abholte, verkaufte und den grössten Teil zum Verkäsen nach Hause fuhr. Manchmal ein Pferdefuhrwerk mit Säcken voll Hühnerfutter, der Volvo des Tierarztes oder der Lastwagen eines Händlers der Gemüse und Früchte anbot. Oder der Heiri, der mit dem einrädrigen Graskarren das Futter für seine Kaninchen nach Hause fuhr.

Der kleine Welt-Eroberer war inzwischen viereinhalb Jahre alt geworden. Am Bach unter der Brücke versuchte er das Wasser umzuleiten, indem er von Hand grössere Steine umschichtete und mit einem Stecken einen Graben durch die kleinen runden Kiesel zog. Er war vollständig in seine Arbeit vertieft, als ihn ein Stein auf dem Kopf traf. Oben auf der Brücke stand der kleine Bruder und schaute zu ihm hinunter. Es war kein kleiner Stein gewesen, auch kein grosser, ein anständiger halt. Es hätte auch ein grösserer sein können. Das hätte sehr gefährlich sein können. Das war eine Gemeinheit des kleinen Bruders gegen ihn. Soviel wurde ihm klar.

Ihm war auch klar, dass die Mutter den kleinen Bruder in Schutz nehmen würde, wenn er ihn zum Weinen brachte. Und er würde täderlen. Und dann bekam er Schimpfis oder Schlimmeres. Er überlegte und da er beobachtet hatte, dass sein grösserer Bruder, der bereits in die Schule ging, sich schon manchmal über den Kleinen geärgert hatte: “Er macht mir immer alles kaputt!”, lief er zum grossen Bruder und klagte über den kleinen: “Er hat mir extra einen Stein auf den Kopf fallen lassen!”. Wie geplant, nutzte der Grosse die Gelegenheit und haute dem Kleinen eins, der rannte weinend zur Mutter: “Er hat mich gehauen!”.

Der Grosse bekam Schimpfis und eine Flatter und bezog so die Strafe dafür, dass er schon grösser und trotzdem noch nicht vernünftig war.

Du siehst, dass nicht immer für alle etwas Gutes dabei herauskommt, wenn einer nachgedacht hat. Das Böse ist ein Kind des Rechnens und Denkens und von Eigennutz und Feigheit noch dazu.

Bis zum heutigen Tag hat der Gwunderi diese Episode nicht vergessen und ist nach und nach zur Überzeugung gelangt, das die wahre Gemeinheit sein feiger Plan und nicht die unschuldige Tat des Kleinen gewesen war.

Weil uns hier das Böse leicht gestreift hat, habe ich gegoogelt und mir selbst ein paar Gedanken über das Böse gemacht:

Das Böse ist zuallererst einmal ein Wort. Althochdeutsch: bôsi von germanisch: bausja. Sein Klang ruft in uns sofort eine erhöhte Aufmerksamkeit hervor. Es warnt: Pass auf! Das ist nicht gut! Das ist schlecht! Das ist falsch! Es kann etwas passieren, was du nicht willst. Tu das nicht. Lass die Finger davon. Es weckt Erinnerungen an schlechte Gefühle, an erlittene Qualen, an schon erlebte Schrecken und Strafen.

Das Böse ist übel und schlecht aber schlechtes oder übles muss nicht böse sein. Eine schlechte Ernte ist nicht böse. Eine üble Angewohnheit muss nicht böse sein. Werwölfe, Vampire, und Dämonen sind nur Symbole für das Böse. Einzig die Taten von Menschen können böse sein. Was du nicht willst, das man dir tu, das füg’ auch keinem anderen zu.

Naja soo böse war die Gemeinheit des kleinen Gwunderi nun auch wieder nicht. Aber gemein war das schon. Wir werden sehen, wieviel Macht der Teufel bei anderen Gelegenheiten über unseren Helden noch bekommt.

Etwas aus Nichts

Als kleiner Bub war ich fasziniert davon, wie Robert Lips seinen Helden zum Leben erweckt hat. Die Kinder öffnen beim schlafenden Seemann eine Schachtel, darin liegt eine Feder, die fliegt von selbst zur Staffelei und zeichnet, wie von Geisterhand geführt, den Globi. Die Kinder wecken den Seemann auf und der träufelt ein geheimnisvolles Lebenselixier auf die fertige Zeichnung, worauf Globi aus dem Papier in die Welt tritt und sich wundert.

Und deshalb beginnt die Geschichte meines Helden nun auch ganz am Anfang. Sicher bist auch du der Meinung, dass man nicht immer bei Adam und Eva beginnen soll. Diese Geschichte beginnt noch viel vorher, quasi am Anfang vom Anfang vom Anfang …

… Es war tiefe, stille, dunkle, schwarze Nacht. Das Nichts war überall und überall war das Nichts. Es hatte keinen Anfang und kein Ende. Es hatte keinen Körper und keine Seele. Es war alles und nichts. Es war nicht fest, nicht flüssig, nicht gasförmig und nicht plasmatisch. Das Nichts war da und herrschte über sich selbst. Es wusste nichts. Es wollte nichts. Es hatte nichts. Es konnte nichts. So war es immer gewesen und so würde es immer sein …

War das jetzt so schlimm? Vielleicht weisst du nicht was „plasmatisch“ bedeutet. Ich weiss das auch erst seit heute: Es ist ein vierter Aggregatszustand. Unsere liebe Sonne zum Beispiel, sie ist weder fest noch flüssig noch gasförmig, aber eben plasmatisch.

Und jetzt nimmt die Geschichte eine überraschende Wendung:

Doch – da war etwas. Es war eins. Das Nichts zog sich zurück. Ein Puls war da. Es war Leben. Es war sein Leben. Es nahm Bewegung war. Veränderung. Jeder Pulsschlag war anders. Wogen kamen und gingen. Es begann mit den Wellen zu fliessen. Die Wogen zu ahnen. Zu vergleichen. Es wurde. Es wuchs. Es war eins und doch nicht allein. Ausser ihm gab es noch eins. Da drin zu sein war gut. Es horchte, es träumte, es bewegte sich. Es wurde grösser und schwerer. Es konnte tasten und strampeln. Das Aussen wurde enger. Es wurde Zeit. Es war soweit. Es musste hinaus. Aber da war kein Ausgang, es lag verkehrt herum.

Unter grosser Anstrengung drehte es sich. Auch das Aussen wollte, dass es heraus kam. Beide wollten es. Alles wollte es. Das Tor war eng und öffnete sich nicht von selbst. Es brauchte Zeit und Willen und Kraft. Nach vielen Anläufen blieb es stecken. Es ging weder vor noch zurück und grosse Angst packte seine Seele. Wenn die Grenze des Ertragbaren überschritten würde, würde es sterben und das Nichts würde zurückkehren. Dann gab die Pforte endlich nach und alles war plötzlich hell und laut und kalt und neu. Dann lag das Neugeborene bei seiner Mutter, die auch erschöpft und glücklich war.

So war das Menschlein auf die Welt gekommen, auf der seine Mutter schon eine Weile gelebt hatte. Gerade hatte ein schrecklicher Krieg alles Leben bedroht. Er hatte sich nun in die Ferne verzogen und es galt wieder aufzubauen, was er zerstört hatte. Aber Kinder waren Hoffnung und gaben neue Kraft und so wurde der Kleine willkommen geheissen in einer Welt, die aus Ängsten, Hoffnungen, Traditionen, Fleiss und Arbeit bestand.

Der Kleine genoss die Nähe seiner vertrauten Mutter, wenn sie bei ihm war. Er lebte im Spiel von Lichtern, Schatten und Geräuschen. Er nahm in den Mund, was er zu fassen bekam und am liebsten war ihm die Mutterbrust. Wenn das Nichts zurückkommen wollte schrie er so laut er konnte, bis die Mutter kam oder er vor Erschöpfung einschlief. Er spürte, dass er ein Ereignis war, dass man ihn wollte und ihm gut gesinnt war. Vogelgezwitscher, Holztreppenknarren, Türenquietschen, Kindergetrappel, Miauen, Brunnengeplätscher, Ziegengemecker, Rufe und Glockengeläute tönten vertraut in seine von Vorhängen, Decken, Kissen und Windeln umgebene Welt.

Er lernte den grösseren Bruder und seinen noch viel grösseren Vater kennen. Der warf ihn manchmal hoch in die Luft und fing ihn lachend wieder auf. Dann quietschte er vor Vergnügen. Es kam der erste Winter und statt Vogelgezwitscher kamen Krähengekrächze, Ofengescharre, Schneeschaufelgeknatter, Gesang und Klavierklänge. Wenn der Vater zuhause war, baute er im Estrich an der elektrischen Eisenbahn. Die Mutter kochte, putzte, nähte, strickte, heizte und fütterte ihre Kinder und Ziegen.

Die Welt des Kleinen wurde immer grösser. Er trohnte jetzt am Tisch auf dem Hochstuhl mit dem eingebauten Tablar für das Häfeli und dem Loch in der Sitzfläche. Von hier aus versuchte er zum ersten Mal die Weltherrschaft zu erlangen. Das misslang aber gründlich, da man dem kleinen Hosenscheisser zu wenig Respekt entgegenbrachte. Zuerst war er beleidigt, aber nur für kurze Zeit. Dann verschob er die Machtübernahme auf später und beschränkte sich darauf die Verhältnisse zu studieren. Er eiferte seinem grösseren Bruder nach, der ihm weit überlegen und den zu überflügeln sein erstes Ziel war.

Bald geriet die ganze Welt für eine Weile völlig aus dem Gleis und dann war ein kleines Brüderlein da, um welches sich die Mutter von nun an am meisten kümmerte. Damit war der Zweijährige kampflos und ohne Anstrengung eine Stufe aufgestiegen und das war ein gutes Gefühl. Dadurch, dass die Mutter viel mit dem Kleinsten beschäftigt war und weil er selbst schon gehen und sprechen konnte, war es höchste Zeit, zusammen mit seinem grösseren Bruder den Rest der Welt zu entdecken und erobern.

Wie du sehen kannst, hatte der Kleine keinen schlechten Start. Das war aber nur der Anfang, viele kleinere und grössere Freuden und Leiden warteten nur darauf ihn in ihre Fänge zu nehmen. Davon berichte ich dann das nächste Mal.

Dölfi und der Meisenvogel

Es ist mir klar, dass ich, wenn ich hier versuche, dir diesen Text schmackhaft zu machen, nichts weiteres tue, als Zeichen und Leerschläge so anzuordnen, dass du darin etwas zu finden hoffst, was dich unterhält oder auf andere Gedanken bringt oder vielleicht zu neuen Erkentnissen führt oder in alten bestätigt.

Da fällt mir ein, dass direkte Rede näher am Gespräch und kurze Sätze leichter verdaulich sind. Sei’s drum. “Du bist der Leser” sage ich und “Ich bin der Schwätzer”.
“Also schwatz kein Blech” denkst du vielleicht und ich entgegne “Das ist Ansichtssache”.

Bist du noch da?

Du kannst jetzt aufhören weiterzulesen, dann musst du dir aber etwas anderes einfallen lassen, womit du deine Zeit vertust.

Da ist ein warmer Sommertag, ein plätscherndes Bächlein, eine Blumenwiese und meine nackten kleinen Füsslein, die ich staunend betaste. Das Glück.

Ganz allein im Schatten eines Apfelbaums die Angst, dass eine verfuchtelte Wespe plötzlich ihre ganze Sippe auf mich hetzt. Die Panik.

“Mir ist langweilig, ich habe Hunger” habe ich oft von Kindern gehört. Das bedeutet, dass ihnen selber nichts mehr einfällt und sich jemand um sie kümmern soll. Dafür sind Geschichten da. Oder Schoggistängeli. Aber die bestehen nicht aus Zeichen und Leerschlägen.

Bist du immer noch da?

Also dann, die Geschichte. Sie ist so alt wie die Menschheit und so jung wie die Sekunde, die eben begonnen hat. Sie passiert und du bist schon mittendrin.

Wie jeden Morgen war die Welt gerade erst erschaffen worden. Heute hatte das die Sonne gemacht. Das freute die Amseln und Meisen und Finken und Spatzen und Schwalben.

Der Kleine brauchte keine Strümpfe oder Socken. Er freute sich über die Freiheit seiner nackten Füsschen und probierte damit alle möglichen Erscheinungsformen der Erdoberfläche aus. Feuchte Erde, die zwischen den Zehen hochquillt, spitze Kiesel, die brennen, wie heisse Kohle, das kühle fliessende Wasser im Bach, der heisse weiche Teer auf der Strasse, das feine kühle Gras der Wiese.

Er wusste noch nicht, dass er das alles eines Tages gegen das ABC, die Quadratwurzel, die Schlacht am Morgarten, und alle anderen sinnlosen Bemühungen seiner Spezies, den Gipfel der Erkenntnis zu erklimmen, auf nimmerwiedersehen einzutauschen hatte. Und das war gut so.

Alle anderen um ihn herum hatten ihre Pläne und so wurde der Kleine gerufen und auf den Heuwagen gehievt, damit man ihn beim Zusammenrechen und Aufladen nicht allzusehr aus den Augen verliere. Das Heu wurde gebraucht, um die 3 Ziegen über den nächsten Winter zu bringen und da er noch zu klein zum Helfen war und den Grossen nur im Weg herumstand, wurde er unter dem Apfelbaum beim Zvierikorb abgestellt. “Bleib da, es dauert nicht lang” sagte die Mutter, ging davon und wurde kleiner, bis sie so klein war, wie die anderen, die mitmachen durften.

Natürlich hatte die Mutter keine Ahnung davon wie lange “nicht lang” sein kann, wenn man nicht dabei sein darf. Und so blieb dem Kleinen nichts anderes übrig, als, wenn er “bleib da” einhalten wollte, den neben ihm im Gras abgestellten Zvierikorb zu untersuchen.

Genau das hatte sich zur selben Zeit auch eine Wespe vorgenommen. Angelockt durch die unverkennbar essbare Dinge verkündenden Düfte, die durch die warme Nachmittagsluft zogen, folgte die Wespe der Fährte, die mal hier mal da, mal vor mal zurück stets ein bisschen näher zum Schlaraffenland führte.

Unglücklicherweise war das Schlaraffenland ein sehr kleines Land und so mussten die beiden, die sich dafür interessierten, unausweichlich aufeinandertreffen. Dem Kleinen gefielen das nervöse Gesumm und die gefährlichen Farben der Wespe gar nicht und so schlug er mit seinen Ärmchen, Händchen, Beinchen und Füsschen wild um sich. Dabei stupste ein Händchen zufällig die Wespe, die sich sogleich verwirrt davonmachte.

Verblüfft über seinen schnellen Sieg, dachte der Kleine näher über die Wespe nach. Sofort kam ihm “Wespennest” in den Sinn und die grossen Augen seiner Geschwister, wenn sie dieses Wort sagten. Die Angst, die in ihm hochkroch, entlockte seiner Fantasie die schlimmsten Befürchtungen. “Sie fliegt nach Hause, erzählt alles den anderen und dann fällt der ganze Schwarm über mich her” redete ihm sein Gewissen ein. Er fühlte sich schuldig und allein und hilflos in grösster Gefahr.

Apfelbaum und Zvierikorb und Sonne und alles andere um ihn herum waren spurlos verschwunden. Auch diese Welt war gerade erst erschaffen worden und sie war voller Angst und Schrecken und sonst gar nichts. In seinem ganzen Leben würde er nie wieder vergessen, dass aus heiterstem Himmel die schwärzeste Nacht werden kann. Er schrie los, so laut er konnte und das bedeutete, dass ihm selber nichts mehr einfiel und sich jemand um ihn kümmern solle.

Da für die meisten Mütter das Wohl ihrer Kinder über dem Gipfel der Erkenntnis steht, kam statt des Wespenschwarms sie, in die er wieder hineinkriechen konnte, wenn die Welt da draussen aussah wie ein Höllenhund, der im Dunkeln sieht und alles frisst, was ihm über den Weg läuft. Er kroch hinein und blieb so lange dort, bis eine neue Welt kam, die etwas Hoffnung aufkeimen liess und mit Licht und Farbe die alte verblassen liess und zu den dunklen Erinnerungen schob.

Wenn nun jemand behauptet, der Kleine habe noch nicht viel von der Welt gesehen, dann sollte er sich schämen, das so gedankenlos daherzusagen. Die hellste und die dunkelste hat der Kleine schon gesehen. Was noch kommt, sind Zwischentöne, aber nichts, was schlimmer oder besser ist.

Ein kleiner Meisenvogel ist vor mein Fenster geflattert. Mit seinem Schnabel hat er an die Scheibe geklopft. Will er herein? Warum sollte er? Kommt er wieder? Meint er mich? Ich glaube, er wollte mir sagen, dass er die Wespe aus der Geschichte gepickt hat.

Und das kam so:

Ob du’s nun glaubst oder nicht, durch den kurzen, heftigen Schlag, den die Wespe abbekommen hatte, hatte eine neue Wespenwelt ihren Urknall. Und sie begann sich auszudehnen, so wie das alle neuen Welten nun einmal tun. Aus Angst und Schrecken spritzte die Wespe ihr Gift sinnlos in die neue Welt hinein und damit war diese schon vergiftet, bevor sie überhaupt das erste kleine Düftchen entwickelte.

Weil diese Wespe jetzt unsere ist braucht sie endlich einen Namen. Wäre sie eine Biene, könnten wir sie Maja nennen. Weil sie aber männlichen Geschlechts ist und es ihr gerade nicht so gut geht, nenne ich sie Dölfi. Dölfi floh solange er konnte und überliess sich seinem Schicksal erst, als er nicht mehr anders konnte.

Sein Schicksal war nass und roch nach nichts und auf dem kleinen Weiher schwamm ein dünner Strohhalm, was Dölfi aber nicht wissen konnte, weil er diese Worte nicht kannte. Trotzdem klammerte er sich mit seiner letzten Kraft daran fest. Er hatte keine Hoffnung, dass seine Mutter, die Wespenkönigin, ihn retten könnte, weil Wespenköniginnen das Wespennest nicht verlassen dürfen, solange sie noch ein Volk haben.

Am Strohhalm war noch ein schmales dürres Blättchen dran und das bot dem frischen Wind in der neuen Wespenwelt ein kleines bisschen Widerstand. So schipperte der Halm mit seiner Fracht ans sonnenseitige Ufer. Dölfi spürte etwas neue Kraft in seinem Körper fliessen. Sofort versuchte er sein Schicksal loszuwerden indem er anfing, seine schweren, nassen Flügel in Bewegung zu versetzen.

Das kleine Mädchen hatte schon länger den Rossköpfen zugeschaut, wie sie so hin und her und auf und ab schwammen. Mit seinen kleinen Händchen hatte es versucht einen zu fangen um ihn näher bei sich haben zu können. Da fiel sein Blick auf den Strohhalm mit Dölfi, der sich mit seinen nassen Flügeln abmühte. Erstens ist es schön, wenn man Leben retten kann und zweites war Dölfi leichtere Beute, als die putzmunteren Rossköpfe. Ganz behutsam zog es den Strohhalm aus dem Wasser und streifte Dölfi vorsichtig auf einem trockenen Kleeblatt ab. Dann hoffte es auf ein Wunder.

Es war ein vierblättriges Kleeblatt und stand in der Sonne. Dölfi fühlte sich zunehmend besser und sein Wespenkörper begann in seinen Wespenfarben zu strahlen. Ins kleine Mädchen schlichen sich Zweifel, ob es klug gewesen sei, das gefährliche Wesen zu retten. Es ging nicht davon aus, dass Dölfi vielleich dankbar sein könnte, dass es ihn gerettet hatte. Es dachte etwas verwirrt über die Welt nach und beschloss woanders einen Wiesenstrauss zu pflücken.

Dölfi versuchte sich zu orientieren, fand Gerüche von essbaren Dingen in der Luft und machte sich an die Arbeit. Nach diesem soeben erfolgreich überstandenen Abenteuer wollte er eine junge Königin suchen, die dann seinen Ruhm in Form eines von ihm stammenden Wespenvolkes weit in die Zukunft tragen würde.

Der neugeborene Held und zukünftige Stammvater eines Heldenvolkes strahlte heller als die Nachmittagssonne, so hell, dass mein Meisenvogel nicht daran vorbeisehen konnte. Er zog den Hut, sagte “Hallo” und – verpickt und verputzt – war Dölfi ins untere Ende der Nahrungskette abgestürzt.

Weil der Meisenvogel unbedingt jemandem von seinem Jahrhundertfang erzählen musste und er schon beobachtet hatte, dass ich mich den ganzen Tag mit Zeichen und Leerschlägen beschäftige, dachte er sich, wenn ich dem das erzähle, komme ich in seine Buchstaben hinein und werde berühmt.

Bist du jetzt immer noch da?

Dann hast du dir schön was aufgeladen. Da es nun nichts wird mit dem Wespen-Heldenvolk und Dölfi und der Meisenvogel nur in diese kleine Geschichte eingegangen sind, aber nach höheren Ehren streben, solltest du, falls du ihnen und mir den Gefallen tun möchtest, meine Geschichte weiterempfehlen, damit sie in allen Welten bekannt und nie wieder vergessen werde.

Homerun durch den Telecom-Dschungel

Seit die UPC Cablecom FreeWifi und MyPrime ins Angebot aufgenommen hat, ist bei mir der dicke Hispeed-Trinkhalm von Carlos Leal dauernd verstopft. Über Mittag und am Feierabend kommt gar nichts mehr durch, sonst ist immerhin ein Rinnsal festzustellen. Als geduldiger Mensch warte ich drei Monate, bis mir dann doch der Kragen platzt, als die Rechnung für den Hausanschluss eintrifft. 35 Franken pro Monat für meinen Hausanschluss. Dazu das Abo für 80 Franken im Monat. Macht 115 Franken für amateurhaftes TV, Festnetz und Internet im Schneckentempo.

Mir wird klar, dass ich meine E-Mail-Adresse @hispeed.ch dann eventuell nicht mehr gebrauchen kann. Diese ist aber weit verbreitet, bei diversen Accounts eingetragen, ich muss alle, die mir in den Sinn kommen, auf eine andere neutrale Adresse ändern. Am sinnvollsten erscheint mir meine @gmail Adresse bei Google. Die werden ja nicht so schnell aussterben. Es sind über 50 Accounts, die ich ändern muss. Das ist ein ganzer Tag Arbeit.

Ich recherchiere die erhältlichen Alternativen und entschliesse mich für ein Internet-Abo von M-Budget. Für das Modem bezahle ich 30 Franken, für den Installateur 160 Franken und das Abo kostet 50 Franken im Monat. Es funktioniert und der Speedtest zeigt gute Werte.

Ich kündige unter Rücksprache mit den Hausbewohnern den Cablecom-Hausanschluss per Ende Jahr. Das Abo bei M-Budget möchte ich nun erweitern auf TV und Festnetz. Als ich das auf der M-Budget-Seite veranlassen will, stelle ich fest, dass dies an meiner Adresse leider nicht möglich ist. Ich kann das nicht glauben und rufe die Hotline an. Es wird mir besätigt, dass das nicht funktioniert.

Nun bleibt mir nichts anderes übrig, als es mit Swisscom zu versuchen. Ich entscheide mich für Vivo M. Da das System bei Swisscom grad nicht funktioniert, legt die Mitarbeiterin für mich einen Zugang an. Als erstes muss ich nun bestätigen, dass ich existiere. Da ich noch kein Swisscom-Kunde bin, geht das nur per Post. Die Geräte werden danach geliefert und ich schliesse die Internet-Box an. Das funktioniert nicht.

Inzwischen habe ich gelernt, dass ich zum Anrufen bei diversen Kundendiensten am Telefon als erstes den Lautsprecher anschalte. Dann habe ich die Hände frei und kann etwas machen, während die tollen Jingles und die Warteschlaufe ablaufen. Ich rufe also wieder den Kundendienst an. Hier liest mir eine Roboterfrau vor, dass es zur Zeit Probleme mit TV 2.0 gibt. Ich solle doch später wieder anrufen. Später komme ich durch und die Swisscom-Mitarbeiterin erklärt, dass extern an den Leitungen noch etwas gemacht werden muss. Ich soll dann nächste Woche wieder versuchen.

Ich mache das. Nun habe ich jemanden am Apparat, der mir erklärt, er müsse für mich einen neuen Zugang anlegen, damit ich meine Seriennummer freischalten kann. Als ich das auf der angegebenen Webseite versuche, kommt da gar nichts. Der Mitarbeiter kommt auch nicht weiter, meint, dass der Vertrag ja erst ab heute laufe und deshalb vielleich noch nicht freigegeben sei und vertröstet mich auf den nächsten Tag, die Leute hätten untertags mehr Möglichkeiten das Problem zu lösen.

Am nächsten Tag findet der Mitarbeiter, dass ich die Internet-Box an Klemme 4 und nicht an Klemme 3 anschliessen muss. An Klemme 3 habe ich immer, wenn ich nicht mit Swisscom Verbindung suche, das M-Budget Modem dran, dass bestens läuft. Ich brauche also wieder einen Installateur. Zufällig kenne ich einen El-Ing. privat. Er hilft mir am Feierabend dabei, das so einzurichten, dass auf Klemme 3 M-Budget läuft und auf Klemme 4 die Swisscom-Box angeschlossen ist.

Am nächsten Tag, es ist schon wieder Freitag, findet der Kundendienst heraus, dass man noch etwas extern umschalten und vielleicht auch bei mir im Haus die Installation prüfen muss. Immerhin ist es nun möglich, die Seriennummer freizuschalten. Der Swisscom-Techniker würde sich dann am Montag melden. Ich bekomme noch eine SMS, dass ich am Montag zwischen 8:00 und 17:00 zu Hause bleiben soll.

Am Montag kommt tatsächlich der Swisscom-Techniker optimiert die interne Installation und bringt die Sache zum laufen. Ich bedanke mich und rufe bei M-Budget an, um zu fragen, wie ich das Abo am Besten kündige. Man hat Verständnis und sagt, ich solle das per E-Mail mit einer Erklärung der Umstände tun. Man schicke mir dann eine Schachtel zu, mit der ich das Modem zurücksenden könne. Ich sende die Kündigung ab. Seit Abschluss des Abos sind 13 Tage vergangen.

Den Dienstag verbringe ich damit, die Verkabelungen in meiner Wohnung in Ordnung zu bringen. Erfreut stelle ich fest, dass die TV-Box sich kabellos mit der Internet-Box verbinden lässt. Da Cablecom meine alte Festnetz-Nummer erst per Ende Jahr freigibt, lasse ich die Anrufe solange auf meine provisorische Nummer weiterleiten, damit ich auch das Cablecom-Modem ausschalten kann.

Am Dienstag bekomme ich einen Anruf vom M-Budget-Kundendienst: Der Mann mit einem Walliser-Akzent erkundigt sich, weshalb ich denn gekündigt habe. Ich verweise auf meine Mail, wo ich den Fall ja erklärt hätte. Er fragt trotzdem, welshalb ich denn TV und Festnetz nicht bei M-Budget beziehen wolle. Nun verlässt mich die Geduld. Ich beschuldige ihn, schwer von Begriff zu sein und erzähle ihm in Kurzversion die ganze Geschichte nochmals und drohe damit, dass ich M-Budget-Rechnungen ignorieren werde. Er sagt, ich hätte den Vertrag für ein Jahr abgeschlossen und das bleibe nun so. Ich hänge entnervt und ohne weiteren Kommentar auf.

Fazit: Der Kunde ist solange König, als er Kunde ist. Danach soll ihn der Teufel holen.

Von Hardenberg und Hertenstein

Nachdem die drei Wanderer in Sennhof dem Zug entstiegen waren, richteten sie ihre Schritte zur tosenden Töss und nahmen den sanften Weg hinauf, der altehrwürdigen Kyburg entgegen.

Und plötzlich, unscheinbar, war sie da, die romantische blaue Blume am Wegesrand. Wer sie findet, erlangt Zugang zu verborgenen Schätzen.

blaueblume

Wie schrieb doch Novalis aka Georg Philipp Friedrich Leopold Freiherr von Hardenberg im achtzehnten Jahrhundert:

Nichts ist romantischer, als was wir gewöhnlich Welt und Schicksal nennen. Wir leben in einem kolossalen Roman.

zwerge

Und siehe da, beim Widderhüsli oberhalb der Leimenegg trafen sie auf Schneewittchen und die sieben Zwerge.

zmittag

Unter der Gedenktafel für den letzten wehrhaften Kyburger erfrischten sich die Wanderer und ihre Gedanken wandten sich weg von Hardenberg und hin zu Hertenstein, der 1825 in der Linde zu Kyburg geboren und 1888 in Bern als amtierender Vorsteher des Militärdepartements und Bundespräsident an den Folgen der Amputation eines Unterschenkels gestorben war.

futtermais

Sie trösteten sich mit dem Novalis-Zitat:

Wenn ein Geist stirbt, wird er Mensch. Wenn ein Mensch stirbt, wird er Geist.

und machten sich an den Abstieg durch Feld und Wald und Wiese.

immais

Vorbei an süssen wilden Brombeeren, sauren wilden Zwetschgelein und durch reife, kultivierte Maisfelder fanden sie hinunter an die wildromantisch renaturierte Töss.

wanderer

Und nun zum letztes Mal Novalis:

Wo gehen wir denn hin? Immer nach Hause.

badnews