Archiv der Kategorie: Wandergeschichten

Das Wunder von Eidberg

Im Jahre des Herrn 2014, als die Ossinger den Hausenern die vor über 350 Jahren des Nachts vom Kirchturm gestohlene Glocke zurückerstattet und die Winterthurer Stadträte auf dem Sässel bei Iberg den Rundwanderweg zum Gedenken an den vor 750 Jahren von Rudolf von Habsburg unterschriebenen Stadtrechtsbrief gebührlich mit Rundwürsten feierten, begab es sich, dass der an seinem Spätwerk arbeitende Glockentonsynphoniker Klaus von Kyburg wegen des schönen Wetters den Taktstab aus der Hand legte und sich mit einem Wanderfreund in die umliegende Landschaft erging.

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Die unglaubliche Begebenheit nahm ihren Anfang, als im Weiler Boll Frau Wuffli die beiden Müssiggänger einlud, sich in der Scheune an den langen Tisch zu setzen und den hiesigen Quittenmost zu probieren, was die beiden sich nicht zweimal sagen liessen und dem schmackhaften Getränk kräftig zusprachen.

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Vorbei an der Woodstockianer-Kolonie im Grinen und bei erbaulichen Erinnerungen an Tällenbach-Kari-Geschichten langten die alten Knaben auf dem Sässel an und labten sich, während dem Werweissen über die umliegenden Gehöfte, dort lebende Trompentenschüler und den Horizont zierende Hügelzüge ausgiebig am frischen und kalten Wasser aus dem blitzblanken neuen Brunnen.

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Da nun einmal die Schöpfung beschlossen hat, dass alternde Organe zuweilen in ihrer Funktion eigene Wege gehen, kam es wenige Schritte nach dem Schulhaus-Glockentürmli zu Eidberg zu dem bemerkenswerten Ereignis, das den eigentlichen Gegenstand dieses Erlebnisberichtes bildet.

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Wie nämlich jedermann hinlänglich bekannt ist, wünscht das Wasser nichts mehr, als dass es auf verschlungenen Wegen dem Meere entgegen fliesse. Und so kam es, dass die Blase des Komponisten zu seiner Erleichterung beschloss, nach vorheriger Ankündigung natürlich, ihren auf unglaubliche Mengen angewachsenen Inhalt den Lauf der Dinge gehen zu lassen.

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Den Beweis dieser Begebenheit liefert die hier gezeigte authentische Fotografie und wer selbst dadurch nicht überzeugt werden kann, lese beim Grafen von Münchhausen oder in kirchlichen Wunderbeschreibungen nach, dass derartige Geschehnisse durchaus und tatsächlich durch alle Zeiten hindurch beschrieben worden sind.

Einmal rund ums Sulzerhochhaus

Nach den nassen Regentagen geht’s diese Woche wieder sommerwärts. Und meine Wanderlust erblüht aus dem FIFAFU-ssball-WM-Loch.

Ich denke mir einen Spaziergang aus und rufe Klaus an, ob er dabei ist. Er nimmt nicht ab oder ist unterwegs und ich beschliesse, die Sulzerhochhaus-Umgehung zu machen, die ich mir schon länger einmal vorgenommen hatte.

Schnell merke ich, dass das Weitwinkel-Objektiv meiner Handy-Kamera dem Sujet nur aus beschränkten Entfernungen brauchbar ist. Daher muss ich das eine oder andere mal trotz Was-macht-dänn-dää-daa-Blicken mutig ein bisschen Privatgrund betreten.

Ich beende meinen Sulzerhochhaus-Rundgang, vobei an der Stadion-Baustelle, dem Eulach-Brüggli und der Manta-Backstube.

Plötzlich erscheint auf dem Display statt des Bildausschnitts ein grüner Telefonhörer und es ertönt Musik. Aha, Klaus ruft zurück, wir verabreden den Spaziergang für morgen.

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Schnäbel- oder Schnebelhorn?

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Eigentlich war mein Plan, dass ich meine Urheimat erwandere. Grossvater Peter soll von Ohrüti oder Stralegg stammen. Mein Heimatort ist Fischenthal. Also mit dem Tösstalbähnli nach Steg und dann zu Fuss Richtung Ohrüti wandern.

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Der Wandertafel am Weg entnehme ich, dass das Schnebelhorn in zweieinhalb Stunden erreichbar ist. Da ich dort, auf dem höchsten Punkt des Kantons Zürich, noch nie gewesen bin und, seit Nick Hartmann auf SRF eins den Berg Schnäbelhorn genannt hat, nicht mehr weiss, wie man den Hoger nun richtig nennt, ändere ich meinen Plan und gehe aufs Schnabel- oder Schnebel- oder Schnäbelhorn.

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Ich komme auf dem Weg sowieso an der vorderen und an der hinteren Stralegg vorbei. Und schon wieder gibts Sprachprobleme: Auf den Wanderwegweisern wird Stralegg ohne „H“ geschrieben, auf den Verkehrstafeln aber mit „H“. Also beschliesse ich für mich, dass man es in dieser Gegend an den Grenzen von St. Gallen, Zürich und Thurgau mit der Sprache nicht so genau nimmt, da das St. Galler „A“ ja schon fast ein „Ä“ ist und so weiter.

sicherheit

Der Wanderweg verläuft etwas viel auf der Strasse, weil die steilen Hügel wenig Platz für Wege lassen und also meist auf den Kreten der Hügel gewandert und gefahren wird.

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In der Alpwirtschaft Tierhag gönne ich mir einen alkfreien Most, amüsiere mich an einer Mittelstufen-Schulklasse die sich verpflegt und entdecke den Namen „Peter“ an 2 Bikeständern. Die Wirtin der Sennhütte Strahlegg (hier mit „H“) etwas unterhalb heisst ebenfalls Peter, also hier ist schon irgendwie Heimatland.

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Nun gehts noch ganz hinauf zum höchsten Punkt. Mutig an weidenden gehörnten Rindern und am streng riechenden Geissbock vorbei erreiche ich den Gipfel. Die schnellsten Knaben der Schulklasse überholen mich kurz vor dem Ziel. Sie werfen Steine vom einen Kanton in den anderen und tragen sich ins Gipfelbuch ein. Als alle da sind gratuliert der Herr Lehrer jedem Schüler einzeln dafür, dass er diesen besonderen Ort besucht hat.

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Ich verzehre meinen Proviant und mache mich dann rechts herum auf den Weg hinab nach Steg. Dieser Weg gefällt mir besser, schmale Kreten-Wege, steil bergab, Alpwiesen in voller Blüte. Plötzlich versperrt ein Rindli den Weg. Ob es mich wohl durchlässt? Ich rede ihm gut zu komme glücklich an ihm vorbei.

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Als ich an einer grösseren Brennessel-Kolonie vorbei gehe nehme ich einen eigentümlichen Geruch wahr. Etwas später stehen wieder Brennesseln am Weg. ich schliesse die Augen um zu spüren, ob dieser Geruch da ist. Als ich die Augen wieder öffne, liegt dicht vor mir auf dem Weg eine giftige Schlange. Beim genaueren Hinsehen entpuppt sich diese aber als gelb-schwarz gemustertes, abgerissenes Stück Seil. Glück gehabt.

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Zurück in Steg muss ich eine halbe Stunde warten, bis mein Zug fährt. Nach und nach trifft auch die Schulklasse ein. Sie belagern den Zug, der talaufwärts fährt und ich kann talabwärts in Ruhe meine Beine strecken und von der Wiese, die wie von Gustav Klimt gemalt ist, träumen.

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